(AWZ) Es ist ein grauer verregneter Vormittag, an dem der „Lila Nachmittag“ vorgestellt wird. Dabei handelt es sich um Kunstwerke, die vom jüngsten Pinguinnachwuchs „Picassa“ des Allwetterzoo Münster geschaffen wurden und die ab Dienstag, 12. April 2022, im Kunstmuseum Pablo Picasso Münster zu bewundern sind.
Pinguine gehen im Allwetterzoo Münster nach ihrem Schlupf erst in den Kindergarten und dann in die Schule. Dort lernen sie alles, was für ein Pinguinleben wichtig ist, unter anderem auch toten Fisch zu fressen, da Lebendfütterungen verboten sind. Während dieser Phase leben sie für ein paar Tage hinter den Kulissen. Das war auch der bisherige Weg des Ende November 2021 im Allwetterzoo geschlüpften weiblichen Brillenpinguins. Als aber die damals noch namenlose Pinguindame von A nach B watschelte und ihre „Fußspuren“ hinterließ, war schnell klar, hier ist eine echte Künstlerin am Werk. So kam es nicht nur, dass ein tierisches Talent entdeckt, sondern auch ein Name gefunden wurde: Picassa.
Picassa, das ist der erste malende Pinguin in der Geschichte des Allwetterzoo Münster. „Ein echtes Talent haben wir hier“, ist Jessica Neukötter, Zootierpflegerin begeistert. Als Bereichsleiterin im Allwetterzoo Münster ist sie auch für die Pinguine zuständig. „Wir freuen uns, dass nicht nur wir dieser Meinung sind, sondern auch das Team des Picasso-Museums, die in den Osterferien nicht nur Werke von Picassa im Museumsfoyer ausstellen werden, sondern auch gleich die Patenschaft für unseren Brillenpinguin übernommen haben.“
„Picasso hatte ein inniges Verhältnis zur Natur und zu Tieren, die er immer wieder künstlerisch darstellte. Berühmt ist zum Beispiel seine Einlinienzeichnung eines Pinguins“, erklärt Andrea Hagemann, kaufmännischer Vorstand des Museums. „Darüber hinaus sind Pinguine aus der modernen Kunst-, Pop- und Medienkultur nicht mehr wegzudenken. Egal, ob als gleichnamiger Superschurke in den Batman-Comics, als animierte Knetfigur Pingu oder als Skulptur und Motiv in der Kunst: Pinguine sind beliebt und allgegenwärtig. Nur in der Natur, da sieht die Situation nicht so rosig aus. Aus diesem Grund unterstützen wir die tierische Künstlerin sowie den Allwetterzoo Münster, der sich nicht nur für seine Tiere in Münster stark macht, sehr gerne.“
Neben den Werken der Reihe „Lila Nachmittag“ hat Picassa noch weitere Werke „gewatschelt“. Diese sind ab dem 24. April für jeden käuflich zu erwerben. „Keine Sorge, preislich sind wir da mit maximal 150 Euro für eines der insgesamt 13 Bilder sehr weit weg von denen eines echten Picassos“, sagt Jörg Riehemann vom Allwetterzoo Münster und lacht. Dennoch, das Thema ist ernst. Aus diesem Grund werden die Werke auch nicht irgendwann oder irgendwo verkauft, sondern im Rahmen des internationalen Welt-Pinguin-Tags. „Auch wenn der erst einen Tag später am 25. April ist, stellen wir schon am Sonntag, 24. April den Pinguin und seinen Lebensraum in den Fokus. Zudem wird das Geld an SANCOOB, eine südafrikanische Non-Profit-Organisation im Bereich des Natur- und Artenschutzes, gespendet.“
Der Tag des Pinguins wird vom Team des Allwetterzoo Münster sowie der teilnehmenden Freunde und Partner genutzt, um das auf das übergreifende Thema „Nahrungsverlust durch Überfischung“ hinzuweisen. Ein Thema, das auch, „aber eben nicht nur Pinguine betrifft. Überfischung ist ein generelles Problem und hat massive Auswirkungen auf ganze Ökosysteme und Lebensräume“, wirbt Riehemann für den Aktionstag.
Am internationalen Weltpinguintag geht es aber nicht nur um die Brillenpinguine wie sie im Allwetterzoo Münster leben. „Alle 18 existierenden Pinguinarten sind ausschließlich auf der Südhalbkugel zu finden – sieben Arten leben in der Antarktis und auf subantarktischen Inseln“, sagt die Kuratorin Miriam Göbel. Laut Umweltbundesamt deuten Forschungsergebnisse auf zum Teil dramatische Rückgänge der Pinguinbeständen hin. Schuld ist insbesondere der Verlust der Nahrungsgrundlagen. Durch Überfischung sowie den klimabedingten Rückgang der Krillbestände, welcher wiederrum die Hauptnahrungsquelle für viele Fische darstellt, finden Pinguineltern oft nicht genügend Nahrung für ihre Küken.
„Wir wollen am Aktionstag nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommen. Vielmehr wollen wir „unterhaltsam“ auf dieses Thema hinweisen, da viele wahrscheinlich gar nicht wissen, wie es um die Lebensräume der sympathischen Frackträger aussieht“, so Goebel weiter. „Deswegen freuen wir uns auch sehr, das unter anderem der WWF, Greenpeace und der Verbraucherschutz uns bei der Umsetzung und Ausgestaltung dieses Tages unterstützen.“
Neben Infoständen und tierischen Aktionen und Gesprächen, gestaltet durch die Zootierpfleger, bietet der Zooverein ein Stand an, dem es jeder Picassa gleichtun und seiner Kreativität beim Malen freien Lauf lassen kann. Es gibt einen Kuchenstand sowie einen Flohmarkt, bei dem das Team der Gorillabar mitwirkt, sowie Pinguin-Zeichnungen des Karikaturisten Preisselbär zu erwerben. Alle Eingenommen Spenden des Tages kommen am Ende dem Pinguinschutz zugute und gehen an SANCCOB.
„Bei der Southern African Foundation for the Conservation of Coastal Birds, kurz SANCCOB handelt es sich um eine südafrikanische Non-Profit-Organisation im Bereich des Natur- und Artenschutzes. Es ist die einzige Organisation dieser Art in Südafrika und vom South African Veterinary Council anerkannt“, beschreibt Miriam Göbel wohin das Geld am Ende überwiesen wird.
Infos zu SANCCOB
SANCCOB wurde im November 1968 gegründet. Auslöser war eine Ölpest an der Küste Südafrikas, die durch einen gesteigerten Verkehr von Öltankern im Zuge des Sechstagekrieges im Jahre 1967 ausgelöst wurde. Initiatorin war Althea Louise Burman Westphal, die begann, auf ihrem Privatgrundstück in Claremont mit Öl verunreinigte Pinguine zu reinigen. Zu den Gründern gehörte der Biologe Roy Siegfried.
In den ersten 50 Jahren retteten die Mitarbeiter von SANCCOB etwa 95.000 Seevögel aus 54 Arten, darunter neben verschiedenen Pinguinarten auch verschiedene Arten von Möwen sowie Kaptölpel. Zunächst etwa im Schnitt 200, werden mittlerweile jährlich etwa 2500 Seevögel gerettet, darunter mittlerweile jährlich etwa 1500 Pinguine. Zwischen 2001 und 2018 wurden mehr als 7700 Pinguine aufgezogen. Seit 1983 reinigten die Mitarbeiter und Freiwilligen 35.000 mit Öl verschmutzte Pinguine. Im Zuge der durch die MV Treasure ausgelöste Ölkatastrophe im Juni 2003 wurden zudem fast 20.000 Vögel aus der Gefahrenzone evakuiert. Nach einer Studie des Percy FitzPatrick Institute of African Ornithology der Universität Kapstadt wäre die Population der südafrikanischen Pinguine ohne das Engagement der Mitarbeiter und der zu einem guten Teil internationalen ehrenamtlich Freiwilligen gut 20 Prozent geringer. Neben der Rettung und Aufzucht der Seevögel gehören Aufklärung und Fortbildung zu den Schwerpunkten der Arbeit von SANCCOB. Vor allem Kinder und Jugendliche werden über ein breites Bildungs-, Informations- und Aufklärungsprogramm angesprochen.
SANCCOB unterhält heute zwei Standorte: In der Westkap-Provinz in Table View, Kapstadt innerhalb des Rietvlei Wetland Reserve, sowie im Cape Recife Nature Reserve in Port Elizabeth. Eine dritte Station in der Ostkap-Provinz beim Seal Point Lighthouse der St Francis Bay in Cape St. Francis wurde 2018 geschlossen und die Tiere nach Cape Recife Nature Reserve in Port Elizabeth umgesiedelt. Letztere Station wurde zum April 2017 von SAMREC, dem South African Marine Rehabilitation and Education Centre, übernommen.
Daneben verwaltet die Organisation auch die größte und bedeutendste der fünf Pinguin-Kolonien des Westkaps am Stoney Point. SANCCOB arbeitet eng mit verschiedenen inländischen Partnerinstitutionen zusammen, darunter CapeNature, South African National Parks (SANParks) und dem Robben Island Museum. Zudem gibt es eine große Zahl partnerschaftlicher Beziehungen mit Zoos und Tierparks weltweit. Sitz der Organisation ist in der Niederlassung in Kapstadt. Zur Ausstattung der Stationen gehören neben den spezifischen Stätten zur Vogelrettung diverse Lehr- und Tagungsräume sowie Bibliotheken. Zudem gibt es eine Reihe von Merchendising-Produkten, mit deren Verkaufserlösen die Arbeit der Stiftung unterstützt wird. Daneben kann man die Organisation mit Patenschaften für Pinguine unterstützen. Geleitet wird die Organisation mit fast 30 angestellten sowie weitaus mehr ehrenamtlichen Mitarbeitern von Stephen van der Spuy, Vorsitzende des Aufsichtsrates ist Mariette Hopley.