Ganz am Ende eines Ausflugs in das Aquarium, im letzten Becken vor dem Ausgang, erwartet die Gäste der Wilhelma seit neustem eine echte Rarität. Zwischen karibischen Riff-Fischen schwimmt dort seit Anfang September eine Seefledermaus, die nur selten in Zoos zu sehen ist. Im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart wird dieser ungewöhnliche Meeresbewohner nun erstmalig gehalten, was auch bei den erfahrenen Tierpflegerinnen und Tierpflegern der Wilhelma für neue Erkenntnisse sorgt.
„Da wir mit Seefledermäusen noch keine Erfahrung haben, ist es besonders spannend zu beobachten, wie sich der Fisch bei uns verhält“, erklärt Revierleiter Matthias Schierle. „Sie sind nicht ganz einfach zu halten und etwas heikel, wenn man sie an neues Futter gewöhnen möchte. Daher war unser Exemplar die ersten drei Monate zur Eingewöhnung hinter den Kulissen.“ Dort wurde zunächst probiert, was der Seefledermaus am besten schmeckt. Als spezialisierte Jägerin stehen kleine Fische, Muscheln oder Schnecken auf ihrem Speiseplan. In der Wilhelma fiel die Wahl schließlich auf Sandgarnelen, die alle zwei Tage im Becken verstreut werden. Beobachtet man den Fisch dabei, wie er seiner Beute nachstellt, wird schnell klar: Die Seefledermaus ist keine besonders gute Schwimmerin. Stattdessen stolziert sie vorwiegend auf ihren stielartigen Brust- und Bauchflossen etwas ungelenk über den Meeresboden. Hat sie sich fast in Zeitlupe nah genug an ihr Opfer herangeschlichen, öffnet sie blitzartig das Maul und saugt ihre Beute regelrecht ein. Die modifizierten Flossen sind typisch für Seefledermäuse, die zur Ordnung der Armflosser zählen. An die breiten, abgeflachten, oft stacheligen Körper schließen sich schmale Schwänze an, was den Tieren insgesamt ein bizarres Aussehen verleiht. Verbreitet sind die verschiedenen Arten weltweit in tropischen und subtropischen Gewässern, abgesehen vom Mittelmeer.
„Weil die Seefledermäuse die Möglichkeit der besonderen Fortbewegung zum Jagen brauchen, ist ein Sandboden wichtig für die Haltung“, erläutert Matthias Schierle. „Wir haben unser Becken sogar speziell für diese Art neu eingerichtet und passende Mitbewohner ausgesucht.“ Kuba-Schweinslippfisch, Königs-Feenbarsch und Zwergkaiserfisch sind beispielsweise als Gesellschafter im Karibikbecken unterwegs. Mit der leuchtend gelben, blauen und roten Farbenpracht der anderen Riff-Fische kann die Seefledermaus allerdings nicht mithalten. Sie nutzt lieber den körnigen Untergrund, um möglichst wenig aufzufallen. Wer genau hinschaut, kann sie aber mit etwas Glück bei der Garnelenpirsch beobachten.