Nachdem am vergangenen Dienstag, 26.4. der französische Tiger Tilak in Osnabrück ankam, ist am darauffolgenden Mittwochmorgen Tigerkarter Argo aus Osnabrück nach Frankreich gereist. Der Tausch fand statt, um die Chance auf Nachwuchs bei der stark bedrohten Katzenart zu steigern.
Pünktlich um 14 Uhr rollte der Transporter des französischen Zoos d’Amiens Métropole im Zoo Osnabrück auf den Wirtschaftshof. Im Gepäck hatte er den fünfjährigen Sumatra-Tiger Tilak, sicher verpackt in einer großen Metalltransportkiste. In Osnabrück wurde er mit Spannung erwartet, denn Tilak sollte gegen Kater Argo getauscht werden. „Den temperamentvollen Charakter von Tilak haben wir bereits beim Öffnen der Autotüren erahnen können – er gab mit lautstarkem Gebrüll und Fauchen seine Ankunft bekannt,“ so Daniel Chirico, Revierleiter und Tierpfleger im Zoo Osnabrück. Geplant hatte den Tausch von langer Hand Tobias Klumpe, Biologe und Zoologische Leitung im Zoo Osnabrück, gemeinsam mit dem Zuchtprogramm der European Association of Zoos and Aquaria (Europäische Vereinigung von Zoos und Aquarien, kurz EAZA). „Im sogenannten EAZA Ex-situ Programm sind gerade von bedrohten Tierarten alle Individuen in europäischen und internationalen Zoos aufgeführt. Die zuständigen Koordinatoren bringen die Paare nach wissenschaftlichen Kriterien zusammen, um eine gesunde Population unabhängig von der schwierigen Situation in der Wildbahn zu ermöglichen“, so Klumpe. Da weder das Tigerpaar in Osnabrück, Argo und Diana, noch das Tigerpaar im Zoo d‘Amiens bislang Nachwuchs zeugte, werden nun die Karten neu gemischt, denn die Not ist groß: Nur noch etwa 370 Sumatra-Tiger leben in der Wildbahn. Vor allem in Frankreich hoffen die Verantwortlichen auf Nachwuchs, da die dortige Katze noch etwas jünger ist.
Erfolgreicher Katertausch
Nachdem Tiger Tilak in Osnabrück angekommen war, wurde er mitsamt der Kiste auf die Außenanlage des „Tigertempelgartens“ direkt vor einen Schieber zu einem separaten Innengehege verladen. „Unsere Tiger waren ebenfalls sicher im Haus verwahrt, allerdings in einem gesonderten Bereich. Als die Schieber von Tilaks Kiste und zu seinem Innenbereich hochgingen, preschte der Kater in Sekundenschnelle in sein neues Zuhause und war damit sicher in Osnabrück angekommen“, berichtet Daniel Chirico. „Argo und Diana haben nebenan natürlich mitbekommen, dass ein neuer Kater im Haus ist, auch wenn sie ihn nicht sehen konnten. Sie spitzten die Ohren und Argo schien auf der Hut zu sein, doch schließlich beruhigten sich die zwei wieder.“ Am nächsten Tag folgte dann Kater Nummer zwei: Argo wurde im separaten Mutter-Kind-Außenbereich sediert, von den Zootierärzten ein letztes Mal untersucht und schließlich in die Transportkiste gebracht. „Auch das hat sehr gut geklappt. Argo war natürlich vorher ein bisschen nervös. Er ahnte, dass etwas passieren sollte. Aber schließlich schlief er tief und fest und wachte erst wieder in der Kiste auf“, so Chirico. Dann führen die französischen Kollegen mit ihm im Transporter zurück nach Frankreich, wo er inzwischen gut angekommen ist und in Kürze auf Weibchen Menya trifft. „Derartige Transfers sind für die Arterhaltung unverzichtbar. Denn eine wichtige Aufgabe der Zoos ist der Artenschutz und dazu gehört die Erhaltung einer gesunden Population durch Nachzucht. Zudem ist die Jungenaufzucht für die Tiere eine wichtige Erfahrung. Der Sumatra-Tiger ist aufgrund des Lebensraumverlusts und Wilderei bereits vom Aussterben bedroht“, so Klumpe. Zusätzlich unterstützt der Zoo Osnabrück die WildCats Conservation Alliance vor Ort in Sumatra, die mit Schutzmaßnahmen und Aufklärung die Rettung des Sumatra-Tigers voranbringt.
Zusammengewöhnung von Diana und Tilak
Im nächsten Schritt werden nun Diana und Tilak aufeinandertreffen. Das könne aber noch ein paar Tage dauern: „Tilak ist sehr viel temperamentvoller und somit ein ganz anderer Charakter als Argo. Er kann nun erstmal in Ruhe ankommen, alleine die Anlagen kennenlernen und dann wird ein erster Kontakt mit Diana durch ein Gitter getrennt stattfinden. Die Zusammengewöhnung von Tigern ist nicht einfach“, betont Klumpe. Deswegen werden die Tiger auch täglich mehrere Stunden von Biologiestudenten beobachtet, die ihr Verhalten protokollieren. „Die Tiere werden uns das Signal geben, wann sie zusammenkommen wollen. Diesen Zeitpunkt hinauszuzögern ist nicht gut, denn dann könnte Frustration bei den Tigern aufkommen. Trotzdem bleibt ein Restrisiko, dass die Tiere sich angreifen“, so Klumpe. Dieses Risiko sei aber unausweichlich, wenn die Tigerart vor dem Aussterben gerettet werden soll. Tigerin Diana gehe es nach dem Abschied von ihrem Kumpanen Argo gut, wie Tierpfleger Chirico berichtet: „Sie war schon recht nervös, als Argo weg war und sie das erste Mal alleine auf die Außenanlage ging. Sie suchte Deckung und beobachtete alles sehr genau. Inzwischen hat sie aber schon gefressen und kam auch ohne zu zögern ins Haus zurück.“ Für Besucher ist am Wochenende vorerst nur Diana auf der Außenanlage zu sehen. Der Innenbereich bleibt teilweise geschlossen, damit Tilak sich in Ruhe dort eingewöhnen kann. Der Zoo wird über die Zusammengewöhnung weiter informieren.
Wissenswertes zum Sumatra-Tiger
Der Sumatra-Tiger ist die kleinste und zugleich seltenste Unterart des Tigers. In seinem natürlichen Lebensraum gibt es nach Expertenschätzungen nur noch circa 370 Individuen. Die Fellfarbe ist intensiv orange mit kontrastreicher Streifenzeichnung. Der für Tiger typische Backenbart ist bei dieser Unterart besonders stark ausgeprägt, sogar bis hin zu einer kleinen Mähne. Der Sumatra-Tiger hat außerdem Schwimmhäute zwischen den Zehen und ist ein sehr guter Schwimmer. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus Säugetieren, aber auch aus Wasservögeln, Reptilien und Fischen. Nach einer Tragzeit von 98 bis 100 Tagen bringt das Weibchen zwei bis drei Junge mit einem Gewicht von etwa 1.000 Gramm zur Welt. Genetische Untersuchungen legen nahe, dass er nach der letzten Eiszeit auf der Insel Sumatra von den anderen Tigerpopulationen isoliert wurde.
Bildunterschriften:
ZooOS-Tiger-Tilak-quelle-Zoo-Amiens29042022B: Tigerkater Tilak ist neu im Zoo Osnabrück und aus dem Zoo d’Amiens Métropole in Frankreich gekommen. Dort lebt nun der ehemalige Osnabrücker Tiger Argo. Von dem Tausch erhoffen sich die Verantwortlichen Nachwuchs bei der bedrohten Tierart, vor allem in Amiens, wo die Katze noch jünger ist.
Fotoquelle: Zoo d‘Amiens, zur freien Verwendung im Rahmen der Berichterstattung.
ZooOS-Ankunft-Sumatra-Tiger-Tilak28042022B und D: Nach langer Fahrt kommt Sumatra-Tiger Tilak in einer sicheren Metallkiste im Zoo Osnabrück an. Nur noch wenige Meter trennen ihn von seinem neuen Zuhause, der Weg dorthin ist Präzisionsarbeit.
ZooOS-Ankunft-Sumatra-Tiger-Tilak28042022E: Sicherheit ist das Gebot der Stunde, als Tobias Klumpe (links), Zoologischer Leiter im Zoo Osnabrück, zusammen seinen Kollegen aus Osnabrück und Frankreich, Sumatra-Tiger Talik in sein neues Zuhause lässt.
Fotoquelle: Zoo Osnabrück (Jan Banze), zur freien Verwendung im Rahmen der Berichterstattung.
Über den Zoo Osnabrück
Der Zoo Osnabrück wurde 1935 als Arbeitsgemeinschaft Heimattiergarten von Osnabrücker Bürgern gegründet und bereits 1936 als Heimattiergarten eröffnet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Heimattiergarten größtenteils zerstört, doch anschließend verfolgten die Osnabrücker weiterhin ihr Ziel, für die Stadt einen Zoo zu schaffen. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich der Heimattiergarten zum Tiergarten und schließlich zum zoologischen Garten. Heute beherbergt der Zoo auf 23,5 Hektar 2.728 Tiere aus 285 Arten (Stand 31.12.2021). Neueste Erlebniswelten sind der Unterirdische Zoo (2009), die afrikanische Erlebniswelt „Takamanda“ (2010), die nordische Tierwelt „Kajanaland“ (2011) und der Affentempel „Angkor Wat“ (2012). Es folgten der Tigertempelgarten (2014) und der „Orang-Utan Dschungeltempel“ (2017) in diesem Bereich. Im Oktober 2018 neu hinzugekommen ist die nordamerikanische Tierwelt „Manitoba“ mit u.a. Hudson-Bay-Wölfen, Schwarzbären, Waldbisons, Stinktieren und Kanadischen Bibern. 2019 und 2020 wurden mit „Mapungbuwe“ die Nashornanlage und die Löwenanlage vergrößert und mit einem Höhenpfad für Besucher versehen. 2021 besuchten den Zoo Osnabrück 1.100.000 Besucher.