„Toilette für Alle“ im Europa Park eröffnet

Rust, 30.6.23 Wer sein Kind schon einmal unterwegs wickeln musste, kennt das Problem. Oft findet man keine Gelegenheit und so wird das Kind auf dem Rücksitz des Autos, der mobilen Wickelablage auf dem Rasen oder der Picknickdecke oder einer Wickelablage in öffentlichen Toiletten wieder „frisch“ gemacht. Mittlerweile gibt es auch auf Herren Toiletten Wickelablagen. Zumindest in Freizeitparks oder größeren Freizeiteinrichtungen wie Einkaufscentern findet man diese vor.

Wie sieht es aber mit Erwachsenen aus, die aufgrund ihrer Krankheit oder Behinderung ebenfalls eine „Wechselstation“ benötigen? Diese kann man nicht auf der Rückbank oder mal ebenso auf einer „Wickelauflage“ im Damen WC frisch machen. So nutzen viele den Fußboden einer öffentlichen Toilette, was man aber niemanden zumuten kann.

Aus diesem Grund sind neben Toiletten für Menschen mit Behinderung immer mehr Pflegeräume verfügbar.  Der große Vorteil: Menschen mit Behinderung können mit ihrem „Tragetuch“ direkt aus dem Rollstuhl gehoben werden und mit einem Lifter auf die höhenverstellbare Liege gelegt werden. Hier kann die Begleitperson rückenschonend für „Frische“ sorgen. Sowohl für den Betroffenen als auch für den Begleiter eine menschenwürdige Einrichtung.

Der Europa Park hat gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg nun so eine „Toilette für Alle“ geschaffen. Bei der Eröffnung am 30.6. waren wir vor Ort und bedanken uns an dieser Stelle für die Einblicke in „unser Herzensthema“. Nach unserer Dokumentation „wie barrierefrei ist – der Europa Park“ sind wir weiterhin mit dem Freizeitpark in Kontakt und ständigem Austausch zum Thema Barrierefreiheit.

„Der Europa Park ist seit seiner Gründung ein Ort des gelebten Miteinanders, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, einzigartige gemeinsame Erlebnisse zu schaffen. Vor allem ist der Europa Park ein Ort, wo jeder sein darf wie er ist. Auch für Menschen mit Behinderung soll unser Leitspruch – Zeit gemeinsam erleben – gelten“ so Europa-Park Inhaber Jürgen Mack. Das Engagement der kompletten Familie Mack im sozialen Bereich und die Bereitstellung der finanziellen Mittel haben dieses Projekt möglich gemacht.

Ebenfalls vor Ort konnten wir auch mit Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des LVKM, sprechen. Sie war bereits bei der Eröffnung des Pflegeraums im Freizeitpark Tripsdrill vor Ort und kennt „jede Toilette für Menschen mit Behinderung“ in ihrem Bundesland. „Eigentlich müsste die „Toilette für Alle“ ja im Themenbereich England stehen. In England ist in Freizeiteinrichtungen wie Museum, Freizeitpark oder Einkaufszentrum bereit seit 2008 vorgeschrieben, „Changing Places toilets“ zu installieren. Das Symbol wurde übernommen und aus dem Namen „Toilette für Alle“ gemacht“. In Deutschland sind wir noch nicht soweit, aber dank der Förderung des Landes auf einem gutem Weg.

Ebenfalls sprach Herr Dr. Thorsten Marohn (Parkleiter Europa Park), der sich dem Thema Barrierefreiheit im Europa Park angenommen hat. Gemeinsam mit seinem Team arbeitet er schon über 10 Jahre an der Umsetzung des Themas. Unter Anderem hat Gregor Engelmann, Mitglied des Projektteams „Barrierefreiheit“, zum Gelingen beigetragen. Er hat uns bereits beim Dreh unserer Dokumentation begleitet und uns bereits vorab einen Blick in den Pflegeraum ermöglicht und unsere Meinung eingeholt. Natürlich darf man auch das Facility Management und den Reinigungsservice nicht vergessen, die auch in Zukunft die „Toilette für Alle“ in Schuss halten.

Auch Dr. Kai-Achim Klare, Bürgermeister der Gemeinde Rust, freut sich über die neue Einrichtung im Europa Park. Nun können noch mehr Gäste mit und ohne Behinderung nach Rust kommen und das Erlebnis Europa Park gemeinsam erleben. Er ist sehr dankbar, dass mit der „Toilette für Alle“ ein geschützter, sicherer Raum geschaffen wurde, wo Menschen ihren Bedürfnissen gerecht werden können. Dieser Schritt sollte überall sofort und schnell umgesetzt werden.

Nach der feierlichen Eröffnung ging es dann zum Pflegeraum, wo die Handhabung demonstriert wurde. Paul wurde mit seinem Tragetuch aus seinem Rollstuhl gehoben und auf die Liege befördert. Die Medienvertreter haben ihn nicht gestört und er hatte sichtlich Spaß an der Demonstration. Das Anheben ist Dank des Lifters für jeden möglich. Das „Übersetzen“ geschieht manuell, ist aber ebenfalls sehr einfach. Die Liege ist höhenverstellbar und kann so auf die Körpergröße des Begleiters eingestellt werden. zusätzlich ist die Liege komplett abwaschbar.

Der Raum ist sehr schön gestaltet und mit dezenten Farbtönen in Blau und Gelb im Europa Park Design gehalten. Die vielen Logos der einzelnen Attraktionen und die Skyline sehen schön aus. Nicht zu kindisch, aber eben doch bunt und fröhlich und nicht so steril.

Die Ausstattung des Raumes wirkt hochwertig und auch schwerere Personen können den Lifter und die höhenverstellbare Liege nutzen. Auf keinen Fall das „Tragetuch“ vergessen, denn dies wird benötigt, um den Betroffenen aus dem Rollstuhl zu heben.

Einen klassischen Wickelraum findet man direkt am Eingang des Europa Parks. Ob es weitere Räume evtl. am See oder in Island geben wird, bleibt offen.

Wo findet man den Raum?

Wenn man vom Haupteingang links Richtung „Voletarium“ geht, findet man auf der linken Seite die Schließfächer und gleich daneben befindet sich der „Pflegeraum“. Den Schlüssel dafür erhält man in der Information links neben den Schließfächern.

Wieso nennt man den Pflegeraum „Toilette für Alle“?

In England gibt es eine Norm (britische Norm British Standard 8300), die bereits seit 2009 gültig ist. Die Zielgruppe ist groß und umfasst Menschen mit geistiger Behinderung, Menschen mit Körperbehinderung sowie alte und demente Menschen. Der Name „Changing Places toilets“ wurde in „Toilette für Alle“ übersetzt.

Wer nutzt die „Toilette für Alle“?

Einige Personengruppen, die vorhandene Rollstuhltoiletten nicht nutzen können, zählen zum Beispiel:

• Menschen mit angeborenen schweren und mehrfachen (komplexen) Behinderungen, die über drei Jahre alt sind
• Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma
• Menschen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind
• Menschen mit Querschnittlähmung
• Ältere Menschen, die schwer pflegebedürftig und / oder dement sind

Was zeichnet die „Toilette für Alle“ aus?

Es gibt klare Vorgaben, wie eine „Toilette für Alle“ ausgestattet ist. Die Raumgröße beträgt zwischen 7 und 12qm. Zur Ausstattung zählen außerdem:

• eine Pflegeliege für Erwachsene
  (Länge mind. 180 cm, möglichst höhenverstellbar, ggf. Wandklappliege)
• einem Patientenlifter – zum Umsetzen vom Rollstuhl auf die Liege und zurück (mobil, Decken- oder Wandmontage)
• ein unterfahrbares Waschbecken
• ein verschließbarer Windeleimer (luftdicht)